Hallo meine Lieben,
nach einer etwas längeren Pause melde
ich mich auch mal wieder bei euch. In letzter Zeit ist viel passiert
und ich wollte mich immer wieder melden, hab es aber doch nie
geschafft und jetzt nehme ich mir die Zeit. Auch, weil ich schreiben
muss. Es wird ein langer Post, auch, weil ich in der letzten Woche
viel erlebt und viel in Frage gestellt habe.
Bevor ich aber Sachen in Frage stellte,
meldete sich erst mal meine Gesundheit. Eigentlich hätte ich den
letzten Sonntag – nicht der 18., sondern der 11. - arbeiten sollen,
aber dann hatten doch meine Augen was dagegen. Verspätet war auch
ich mit der Bindehautentzündung dran und hatte an dem Morgen
verschleimte Augen. Damit fiel das Arbeiten aus und ich saß einfach
nur Zuhause. Christian, ein Freund von uns, ist auf meine Frage hin,
welche Apotheke denn an einem Sonntag aufhabe, für mich losgefahren
und hat Medikamente besorgt. Er ist wirklich ein Schatz!
Auch den Montag habe ich mich
ausgeruht, den Dienstag war ich aber mit Alina früh auf den Beinen.
Wichtelgeschenke wollten besorgt werden und was bietet sich da besser
an als mein Ruhetag und Alinas freier Vormittag? Und was bitte ist
schon eine Bindehautentzündung? Ich hatte eh nur schwache Symptome.
Weil das aber ja noch nicht genug an Krankheiten/Verletzung war, ist
ein Moto mit seinem Auspuff an mein Bein gekommen und hat mich da
verbrannt. Ihr wollt keine Bilder davon, obwohl es mittlerweile schon
besser aussieht. Zwischendurch wirkte es entzündet, aber das vom am
Donnerstag aufgesuchten Arzt verschriebene Antibiotikum hat geholfen.
Wir sind trotzdem auf dem Markt
geblieben – es ist passiert, als wir grade angekommen sind – und
wurden von einem netten Togoer zur Apotheke geführt, in der ich
Brandsalbe zur ersten Versorgung bekommen habe. Immerhin einen Erfolg
gab es - dass sowohl Alina als auch ich unsere Wichtelgeschenke
bekommen haben.
Wieder gesund – zumindest die Augen –
war das Programm am Wochenende erst stressig und dann völlig
ungeplant.
Am Freitag bin ich erst kurz zur Arbeit
und habe meinen Urlaub beantragt – es gibt Reisepläne – und dann
ins lycée zum Deutsch Club. Schnell nach Hause und umziehen, in
Patricias Schule gab es eine Weihnachtsfeier und Valentina hat den
Weihnachtsmann gespielt, so etwas kann man nicht verpassen. Außerdem
wollte ich unbedingt mal sehen, wo Patricia arbeitet. Sie ist nämlich
in einer Privatschule und ich war gespannt, ob man einen Unterschied
bemerken würde. Um das genau zu sehen, müsste ich wahrscheinlich
nochmal mit, aber schon am Freitag ist aufgefallen, wie gut selbst
die Kleinen in Französisch sind, weil sie es oft Zuhause sprechen,
während der Großteil der Kinder sonst mit ewe oder mina aufwächst
und französisch erst in der Schule lernt. Trotzdem sind Kinderaugen,
die strahlen, wenn sie den Weihnachtsmann sehen, immer schön.
Von dort ging es direkt weiter –
unterwegs habe ich noch schnell beignes (ganz leckeres Essen,
irgendwas mit Bohnen und Teig und frittiert) geholt und bin weiter
zum Tanzkurs. Getanzt und geschwitzt und schon ging es wieder nach
Hause. Unterwegs habe ich mich mit koliko (Yamswurzeln frittiert, so
ähnlich wie Pommes) eingedeckt. Duschen und facetimen mit meiner
Familie, die bei meiner Oma zu Besuch war. Nicht, dass der Tag eh
schon voll war, aber dann ging es direkt weiter. Am Freitagabend war
nämlich der Abschied von den Französinnen, die auch beim Tanzkurs
sind. Gut, es dauerte ein bisschen, bis wir es gefunden hatten, wir
wurden aber total lieb aufgenommen. Trotzdem bin ich schon um 1.00Uhr
zurück, weil der Tag selber echt anstrengend war und ich am nächsten
Tag um 8.00Uhr auf der Arbeit sein sollte.
Da war ich zusammen mit Patricia, die
sich mal mein Projekt angucken wollte. Am Vormittag sind wir mit drei
der Jungs Mango pflücken gewesen. Auf dem Gelände gibt es nämlich
mindestens fünf Mangobäume und grade in der Mangozeit muss man das
ja mal ausnutzen. Es gab einen ganzen Sack voll mit Mangos und zwei
Früchte vom Affenbrotbaum für die WG.
Auf der Arbeit habe ich mich noch
umgezogen. Eigentlich wollten wir uns nämlich an der Ecke mit den
vielen Taxen mit den Mädels treffen, weil es noch ein volles
Abendprogramm gab. Die Mangos aber wollten nach Hause gebracht werden
und deswegen haben uns uns doch dort getroffen.
Einer der Jungs hat nämlich ein neues
Restaurant aufgemacht und am Samstag war die Eröffnung die wir
natürlich nicht verpassen wollten. Er war auch total froh uns zu
sehen und wir haben die Pizza genossen. Der Abend war aber noch immer
nicht vorbei, weiter ging es zur anderen WG. Tabea, eine
Mitfreiwillige, ist nämlich am Sonntagmorgen nach Hause geflogen.
Sie hatte chronische Magenprobleme und jetzt wird versucht in
Deutschland eine Lösung zu finden, so dass sie dann so bald wie
möglich wiederkommen kann. Es war nochmal schön zusammen zu sitzen
und zu reden. Am Ende saßen noch Valentina und ich zusammen mit
Sjard auf der Dachterrasse. Erst gegen 2.00Uhr haben wir uns langsam
auf den Weg gemacht und weil es nur 10min waren, beschlossen wir zu
laufen.
Das hat sich als großer Fehler
herausgestellt, denn wir sind in unserer Straße von zwei Männern
überfallen worden. Glücklicherweise ist uns nichts passiert und wir
sind unverletzt, es sind nur unsere Taschen weggekommen. Nichts, was
man nicht ersetzen könnte. Das Ganze war für uns beide, aber auch
für alle anderen ein großer Schock.
Es hat aber auch gezeigt, was für
tolle Menschen hier mit uns sind. In der Nacht – auch unsere
Schlüssel waren in den Taschen – haben wir Patricia, Alina, Cindy
und Stella aus den Betten geklingelt, die sich dann rührend um uns
gekümmert haben. Auch M Sani kam noch in der Nacht vorbei, um zu
gucken, wie es uns geht.
Am nächsten Tag war es vor allem
Christian, der ganz viel Zeit mit uns verbracht hat. Erst war er mit
bei den beiden Polizeirevieren, bei denen wir waren und dann noch am
Abend bei uns. Schon am nächsten Tag zum Frühstück kam er wieder
und blieb den ganzen Tag. Er war dabei, als wir Handys und Simkarten
kaufen waren, hat mich zur Arbeit gefahren - um denen sagen zu
können, dass ich zwar um 17.00Uhr kommen werde, aber nicht
übernachten will – und hat mich dort auch am Abend wieder
abgeholt. Auch sonst hatten wir viel besorgten Besuch, der Valentina
und mich gut ablenken konnte. Im Projekt war natürlich auch schnell
klar, dass etwas passiert ist – Ma Mara, wo ist dein Handy? Ma
Mara, warum bist du heute so traurig – und ich habe ihnen erklärt,
was passiert war und das ich deswegen auch nicht über Nacht bleiben
werden. Und kaum wussten sie es, hatte ich 19 besorgte und entsetzte
Jungs um mich herum, die nicht wollten, dass ich nachts nach Hause
fahre, bei ihnen ist es doch so viel sicherer und sie sind stark.
Trotz all dem Schrecklichen, sind so
viele Leute für uns da und hören uns zu, trocknen Tränen und
lenken ab. Ohne all diese Leute und vor allem ohne Valentina, wäre
alles so viel schrecklicher. Sie hat auch alles geregelt, als wir bei
der Polizei waren, dort war sie diejenige, die die Geduld hatte jede
Frage fünfmal zu beantworten, und das auf französisch.
Das Leben geht aber natürlich trotz
des Stresses weiter. Unter anderem haben wir gewichtelt und ich war
der bei der Weihnachtsfeier des Deutsch Clubs im lycée und beides
war so schön!
Erst am Dienstagabend das Wichteln auf
unserer Dachterrasse, wofür wir unseren Adventskranz unter aller
Vorsicht nach oben getragen haben und eine Asia-Reispfanne gekocht
wurde.
Wir haben alle super schöne Geschenke
bekommen. Ich habe an Lea eine kleine Box aus Holz verschenkt, in die
kleine Dinge sollen, die dann mit nach Deutschland kommen und sie
dort an dieses Jahr erinnern werden. Und ich habe von Lea eine kleine
Tasche aus pagne und ein Armband, das immer auf mich aufpassen soll,
zusammen mit einem Brief bekommen. Ja, wir haben uns gegenseitig
gezogen. Stella und Alina hatten genau das gleiche. Was bei nur 8
Leuten natürlich wahrscheinlicher ist als sonst, aber gleich zweimal
ist schon witzig. Auch sonst war es eine echt tolle Atmosphäre.
Am Mittwoch ging es am Nachmittag ins
lycée, mit mir kamen Sjard, Patricia, Lea, Valentina und Lena. Und
es hat sich echt gelohnt. Es fing klassisch mit Weihnachtsliedern und
der Geschichte von Jesus Geburt los, wurde dann aber schnell zu einer
Show mit Rap, verschiedenen Tanzgruppe und einer richtig, richtig
guten Break Dance Vorführung. Zwischendurch war ich ein wenig
verwundert, weil die Jungs vorher meinten, dass wir auf der
Weihnachtsfeier auf jeden Fall tanzen werden und ich mich gefragt
habe, wann das denn bitte wo stattfinden soll. Und dann kam das
offizielle Ende, was noch lange nicht bedeutete, dass alle nach Hause
gegangen sind. Nein, die Bühne wurde gestürmt und wie ich es den
Jungs versprochen hatte, war ich auch mit dabei. Zumindest kurz, weil
Patricia und ich dann weiter zum Tanzkurs gegangen sind.
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Und da sind sie, die Mangos! Und die zwei Früchte vom Affenbrotbaum, erkannt? |
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Meine Jungs und ich. Hinten sind Jules und Wilfried, links neben mir Dieu-Donné, rechts neben mir Sam und Maurice und vor mir Koffa |
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Von Jules gemacht und von Romeo bearbeitet. Hinten sind Wilfried und Sam, links von mir immer noch Dieu-Donné, schräg hinter mir stehen Romeo und Maurice und vorne kniet Timoté |
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Wichtel-Dachterrasse |
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Und da ist unser Adventskranz/Weihnachtsbaum mit Geschenken |
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Entdeckt ihr die Valentina? Sie versteckt sich im Weihnachtskostüm |
Unser Adventsfrühstück, später kam auch noch Obst hinzu |
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Igance großer Auftritt als Wirt |
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Seht ihr unsere strahlenden Augen? Wir sind glücklich! |
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Tadaa last but not least, unser neuer Stolz das Regal! |
Magic-Moment der Woche: Alinas und
meine Zimmerlampe, ein Thema für sich. Letztens erst hatte sie
Urlaub, ohne es vorher anzumelden und kam nach zwei Wochen wieder.
Heißt, sie hat zwei Wochen nicht funktioniert. Und jetzt schon
wieder, aber der Magic-Moment – kaum drückt man mal aus Gewohnheit
wieder auf den Lichtschalter, funktioniert die Lampe wieder. Wir
versuchen jetzt durchzusetzen, dass der Urlaub angemeldet wird.
Regal-Moment der Woche: Ewig schon
wollten wir ein Regal für die Küche, damit die Sachen nicht mehr
alle auf dem Boden oder unserem improvisierten Regal aus Bierkästen
und Kartons stehen und dann war es endlich so weit. Wir hatten es zu
der Schreinerei um die Ecke geschafft und einen Tag später wurde das
Regal geliefert. Unser Glück können wir noch nicht fassen – ok,
vielleicht ein bisschen übertrieben, aber es sieht deutlich
wohnlicher aus.
Advents-Moment der Woche: Es ist der
dritte Advent, ich bin schon seit fünf Uhr wach, weil meine Augen
mich nerven und gucke Wilde Kerle 4 und 5, irgendwann sind auch die
anderen wach und es gibt ein Adventsfrühstück. Wer hatte am zweiten
Advent die Kerze angezündet? Richtig, niemand. Dafür durften wir
dann zwei auf einmal anzünden.
Anti-Weihnachts-Moment der Woche: Es
ist über 30°C, der Schweiß läuft uns wie so oft den Rücken
runter und es läuft Jingle Bells, während die Weihnachtsdeko die
Bühne schmückt und die Geschenke auf die Kinder und diese Kinder
auf den Weihnachtsmann warten. Das passt alles nicht zusammen.
Facetime-Moment der Woche: Da sitzt
meine Familie um den Tisch rum und isst Pizza. Ich sitze vor meinem
Handy und esse auch, nur keine Pizza. Wir reden und lachen, so als
wäre ich nicht im viel zu warmen Lome, sondern mit bei ihnen und
würde mich in meinen dicken Pulli einkuscheln.
WG-Moment der Woche: Wir sitzen auf der
Dachterrasse mit vollgegessenen Bäuchen und Geschenken um den
Adventskranz. Wir nutzen die Gelegenheit und sprechen über die
Dinge, die uns auffallen – wohin verschieben wir den Esstisch,
damit das vorderste Zimmer nicht immer gestört wird und können wir
bitte immer die Türen zum Balkon abschließen? Es ist nicht
unangenehm, alle Meinungen werden gehört und mit einbezogen. Was bin
ich dankbar für unser Diskussionsklima! Und dann kommen Lacher auf,
als wir unsere Vorstellungsnachrichten in der Togo-Gruppe lesen.
Liebste Grüße
einer-im-Moment-frustrierten-und-viel-zu-verarbeiten-habenden-aber-sich-bestimmt-nicht-unterkriegen-lassenden,
Mara <3
PS.: Wir fahren jetzt erstmal im
Urlaub, was bedeutet, dass ich mich erst im nächsten Jahr wieder
melden werde. Lasst alle den Kopf nicht hängen, das mach ich auch
nicht, und keine Sorge. Ich bin noch nicht ganz wieder die Alte, aber
auf einem guten Weg dahin.
Ich wünsche euch schöne Feiertage,
genießt die Kälte, den Schnee (?) und die Zeit mit euren Familien
und rutscht gut ins neue Jahr, ohne wirklich auszurutschen!