Montag, 10. Oktober 2016

Das Hier-Sein-Gefühl oder wie es mir nach ganzen fünf Wochen geht

Hallo meine Lieben,

ich will euch nur kurz – wirklich kurz, versprochen – davon erzählen, was hier so am Wochenende passiert ist. Und dann geht es darum, wie es ist, schon so lange – oder auch nicht – hier zu sein.

Der Donnerstag war doch tatsächlich ziemlich unspektaulär. Am Freitag war mal der Plan, dass Alina und ich mit zwei anderen Frewilligen feiern gehen, das ganze ging dann aber nicht, weil eine krank geworden ist. Da die Jungs vorbeikamen, hatten wir aber wieder was zu tun. Sie haben wieder einmal für uns gekocht und wir haben geredet.
Am Samstag kam der erste Besuch vorbei, Leas Bruder war übers Wochenende da. Und am Samstagabend war auch ein Konzert, bei dem unteranderem Toofan – ich habe euch ja schon von ihm erzählt – aufgetreten ist. Wir sind natürlich hin und haben ganz, ganz viel getanzt. Am Tag darauf waren wir bei Yannick essen. Also nicht direkt bei ihm, sondern in dem Restaurant, welches seinem Bruder gehört. Es gab lecker Pizza!
Wer hätte das gedacht, auch ich kann mich kurz fassen! ;)

Jetzt bin ich fünf Wochen hier und habe das Gefühl hier zu sein. Gut, der Satz bringt nur mit der richtigen Betonung was, aber das ist bei so einem Eintrag eher schwer. Was ich sagen will ist, dass ich angekommen bin. Hier in Lomé, in dem viel zu großem Haus, an das ich mich gewöhne und in einer WG, die ich nicht tauschen möchte.
Obwohl Stella und ich – als einzige – noch immer noch arbeiten gehen und grade die, die in einer Schule sind, nur wenige Stunden im Projekt verbringen, haben wir uns unsere kleine tägliche Routine geschaffen. Frühstücken, manchmal bin ich alleine, aber meistens treffe ich doch auf jemanden, der gleich zur Arbeit muss, die anderen verabschieden, die Zeit genießen und darauf warten, dass mittags die ersten nach Hause kommen. Gemeinsam essen und den Nachmittag irgendwie verbringen. Abends zusammen kochen - gut, so viele passen nicht in die Küche, aber man kann ja mal hoffen – und dann essen. Abwasch und den Abend ausklingen lassen, wenn wir nichts anderes zutun haben.
Die WG ist wirklich super! Morgens wünscht man den anderen viel Spaß auf der Arbeit und auch wenn es eigentlich immer das gleiche ist, fragt man jeden, der wieder nach Hause kommt, wie die Arbeit war. Wir reden über alltägliche Dinge genauso wie über die Dinge, die uns beschäftigen. Und viel zu viel über Essen und über das, was wir kochen würden, wenn wir alle Mittel der Welt hätten. Oder zumindest die, die wir aus Deutschland kennen. Wir hören zu, wenn es einem nicht so gut geht und achten darauf, dass es sich bessert. Wir lachen zusammen. Und kommt eine mal nicht zur normalen Zeit nach Hause, ohne Bescheid zu sagen, machen wir anderen uns Sorgen. Ihr könnt euch also drauf verlassen, dass wir niemanden irgendwo verlieren oder uns gegenseitig im Stich lassen, sowas kennen wir gar nicht.
Ich hätte nicht gedacht, dass ich so schnell so zufrieden bin. Wir reden in letzter Zeit viel darüber, dass wir schon so lange hier sind, heute hat die letzte Gruppe einmonatiges! Und wie schnell doch Routine reingekommen ist. Es fühlt sich einerseits so an, als sei ich schon ewig hier, vor allem, wenn einem die Brotfrau freudig 'Bis Morgen' sagt und die Marktfrauen sich freuen, wenn wir die drei Ewe-Sätze, die wir können, raushauen. Andererseits kann ich noch gar nicht so lange hier sein, weil mir immer noch so viele Vokabeln fehlen und doch noch so viel Neues entdecke. Wenn aber daran denken, dass wir schon 1/12 unseres Jahres geschafft haben - wenn wir wirklich alle genau 12 Monate hier bleiben - dann geht das alles viel zu schnell und die Zeit rennt.
Genauso durcheinander wie mein Zeitgefühl, sind auch meine Gedanken – wie man am Geschriebenen vielleicht merkt. Aber ich bin glücklich durcheinander.

Ich habe diesmal leider keine Fotos von euch, ich bin nicht so die Fotografin. Ich werde mir Mühe geben, dass es beim nächsten Mal wieder anders aussieht. Solange könnt ihr Toofan googeln und seine Musik genießen!


Dinge, die mir auffallen:
Es gibt nicht nur Wochenmomente, sondern auch so Dinge, die mir generell auffallen.
Die Motos und Taxis zum Beispiel, bei den meisten sind alle Anzeigen kaputt. Gut, die Drehzahl brauche ich nicht, ich höre auch so, wann ich schalten muss – wobei einige das hier auch ignorieren und ganz entspannt 50kmH im zweiten Gang fahren, während der Motor und unsere Ohren leiden – und auch die Geschwindigkeit braucht man vielleicht nicht soo dringend – was sind Blitzer nochmal? -, aber was macht man bei einer Tankanzeige, die immer auf Null steht? Wann weiß ich, dass ich tanken muss? Ich seh mich schon in einem Taxi oder auf einem Moto sitzen, bei dem plötzlich der Tank alle ist und wir schieben müssen.
Und ich habe das Hup-System verstanden.Und ja, hinter diesem andauernden Hupen steckt ein System! Erstmal hupt man dann, wenn man frei ist und Leute auf sich aufmerksam machen möchte. Hat man das geschafft und kommt an den ersten Kreisel, fährt und hupt man. Wer zuerst hupt, hat Vorfahrt – oder so ähnlich. Rechts vor links wird überbewertet, wie sowieso an jeder Kreuzung. Auch die Ampel ist abends nur noch eine Orientierung und um die anderen zu warnen, dass man fährt, hupt man halt. Das funktioniert natürlich nicht mehr, wenn ein Polizist den Verkehr kontrolliert. Sonst benutzt man die Hupe natürlich auch, wenn einer einem fast in die Seite fährt oder einem die Vorfahrt nimmt. Motofahrer hupen, wenn sie in einer Gruppe unterwegs sind, um untereinander zu kommunzieren, aber die Hup-Zeichen kann ich noch nicht unterscheiden, geschweige denn verstehen. Meist schafffen wir es so aber einigermaßen zusammenzubleiben und uns an der nächsten Ampel wiederzutreffen. Und dann hupt man nochmal zwischendurch. Meine Vermutung ist, dass man einfach hupt, um zu überprüfen, dass sie noch funktioniert oder, weil man lange nicht mehr gehupt hat. Aber wahrscheinlich habe ich diesen Teil des Systems einfach noch nicht verstanden.
Ach und im Taxi sitzen auch gut und gerne mal sechs Leute – ohne den Fahrer. Vier hinten und zwei auf dem Beifahrersitz. Das ist zu siebt natürlich ein bisschen unpraktisch, aber bis jetzt sind immer noch mehr mit uns Taxi gefahren, weswegen sich das alles irgendwie wieder ausgeglichen hat.


Tanz-Moment der Woche: In der Menge stehen und schon die ganze Zeit das Bedürfnis haben, sich zu bewegen – und dann geht es los. Toofan auf der Bühne und eine Menge, die nicht mehr aufhört zu tanzen. Sich bewegen und lachen, mit einer neben mir anfangen zu tanzen und noch mehr zu lachen. Lauthals, zumindest die Textzeilen, die man kennt, mitsingen und sich als einen Teil der Menge fühlen.

Käse-Moment der Woche: Eigentlich bin ich so gar nicht der Käse-Mensch, weshalb er mir nicht so viel wie den anderen fehlt, aber so ein geschmolzener Käse auf Pizza ist einfach unersetzbar. Umso mehr haben wir uns alle auf die Pizza gefreut, die doch tatsälich im Steinofen gebacken worden ist. Mit ganz, ganz viel Käse. So viel, dass der alleine uns super gesättigt hat.

Hunger-Moment der Woche: Was gibt es schöneres, als hungrig von einem Konzert nach Hause kommen und sehen, dass es noch Reste gibt. Also schnell den Tisch decken, wir essen natürlich wie immer mit Stil am Plastiktisch, und reinhauen. Kalte Nudeln, kalter Reis und kalte créole könnten nicht besser schmecken.

Kakerlaken-Moment der Woche: Was gibt es ekeligeres, als beim Abwasch auf Kakleraken zu treffen? Und das nach so einem nächtlichen Festmahl! Ja ok, diese Viecher rennen hier durch die Gegend und das können sie auch gerne tun – wenn ich nicht dabei bin. Und dann vier auf einmal, die sich alle gegenseitig in ihrer Größe übertreffen wollen? Ganz bestimmt nicht mein Humor. Dann bringt nicht mal das Insektenspray was, außer, dass die Küche voll davon ist und wir alle frische Luft brauchen, um nicht zu ersticken.

Ja, der Eintrag ist nicht wirklich kürzer, aber immerhin nicht alles über das, was wir gemacht haben!

Liebste Grüße einer es-hier-mögenden,


Mara <3  

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