Hallo meine Lieben,
wieder ist ein bisschen Zeit vergangen,
da kann man sich ja schonmal melden. ;) Ich bin mittlerweile etwas
über einen Monat hier in Lomé und ich habe immer noch nicht richtig
gearbeitet. Aber das kommt. Courage, courage wie M. Sani immer so
schön sagt. Und mittlerweile ist es auch absehbar, was das ganze
erträglich macht.
Am Montag sollten Sjard und ich unseren
Direktor treffen, aber dreimal dürft ihr raten, wer nicht da war.
Also sind wir wieder nach Hause, was mir Zeit gegeben hat mich auf
den Abend vorzubereiten. Ok, das stimmt nicht ganz, weil ich den Tag
eher so vor mich hin habe plätchern lassen. Bis ungefär 17.00Uhr.
Denn am Montag war bekannterweise – oder auch nicht – ja der 3.
Oktober und wir wurden in die Botschaft eingeladen. Wir, heißt alle
'Landsleute' – so steht es auf der Einladung. Und wir durften Gäste
mitnehmen. Also ging es mit unserer Schweizerin und den Jungs von
ASEVEC los, ab in den Garten der Residenz – auch das steht genauso
auf der Einladung. Durch die Sicherheitskontrolle, abhaken auf der
Gästeliste (ich stand noch nie auf irgendeiner Gästeliste und dann
direkt bei der Botschaft), dem Botschafter und seiner Frau die Hand
schütteln und schon waren wir im Garten. Es waren gar nicht so viele
Leute da, was das ganze sehr entspannt gemacht hat. Die größte
Gruppe bestand definitiv aus Freiwilligen! Es war total schön sich
mit ihnen auszutauschen.
Der Abend begann mit einer kleinen Rede
und ohne Nationalhymne, weil die Technik nicht mitgespielt hat. Meine
Enttäuschung hielt sich in Grenzen. Seitdem wir die Einladung
bekommen hatten, freuten wir uns auf das Essen. Und dann wurde das
Buffett eröffnet und diesmal hätte meine Enttäuschung nicht größer
sein können. Ganz, ganz viel Fleisch und ein bisschen Salat. Gut,
dass ich kein Fleisch esse. Die Waffeln, die es zum Nachtisch gab,
hätten auch besser sein können. Aber man soll ja nicht meckern. Wir
haben das Beste draus gemacht und die Tanzfläche besetzt. Später
saßen wir auf dem Rasen. Auch noch, als erst die Musik und dann ein
Teil der Lichter ausgemacht worden sind. So schnell wird man uns eben
nicht los. Irgendwann aber dann schon und wir mussten 3 Taxen für
unsere Gruppe finden. Gar nicht so einfach, aber auch nicht
unmöglich.
Der Dienstag war schon wieder ohne eine
wirkliche Aufgabe – bis am Nachmittag die Jungs vorbei kommen. Mit
einem Plan, den wir vorher zusammen geschmiedet hatten. Es fand
nämlich in Lomé das Fußballspiel zwischen Togo und Uganda statt
und wir sind natürlich hin. Es ist zur Vorbereitung auf den
Afrikacup, der nächstes Jahr in Gabun sein wird, auf den wir uns
auch schon mega freuen!
Ansonsten war das Spiel und alles, was
dazu gehört, eher eine sehr durchmischte Erfahrung. Wir waren ein
bisschen spät dran – wie eigentlich immer – und waren auch nicht
alleine, viele wollten noch ins Stadion, als das Spiel schon
angepfiffen wurde. Alle wollten so schnell wie möglich rein, was ja
schon verständlich ist. Aber dann wurde die Sicherheitskontrolle
einfach mal überrannt und ich war mitten im Pulk. Es war gar nicht
gefährlich, sondern einfach super unübersichtlich und schon war ich
durch. Die Ticketkontrolle haben dann Soldaten gemacht, was ich super
komisch fand. Und schon wieder wollten alle gleichzeitig durch den
kleinen Eingang, ohne Rücksicht auf die Kinder zu nehmen. Ich kann
ja nachvollziehen, dass man schnell ins Stadion will, aber so ist es
auch nicht richtig. Naja, sieben Minuten zu spät saßen wir auf
jeden Fall – was ja nicht mal viel ist – und in der Zeit war auch
nichts passiert. Was total cool war und zu einer super schönen
Atmosphäre beigetragen hat, waren die drei oder vier Gruppen, die
die ganze Zeit durch getanzt und Musik gemacht haben, alles natürlich
choreographiert. Und die Vuvuzelas, die überall zu hören waren.
Togo hat dann das Spiel auch 1:0 gewonnen.
Am Mittwoch konnten Sjard und ich dann
endlich unseren Direktor kennenlernen. Unser Direktor ist super nett
und wir haben über uns, das Projekt und unsere Arbeitszeiten
geredet. Sowas motiviert mich generell immer, jetzt muss nur noch der
15.10. kommen, da werden die Jungs nämlich ins Internat ziehen und
die Arbeit geht endlich los. Vorher müssen wir nur einmal am 12. in,
um die Ankunft vorzubereiten.
Und wie ist das jetzt im Projekt? Wir
haben Jungs aus drei verschiedenen Kategorien. Die erste Kategorie
sind Jungs, die irgendwie mit dem Gesetz in Konflikt gekommen sind –
meist Diebstahl – und für die das centre eine zweite Chance ist.
Zur zweiten Kategorie gehören Jungs, die aus verschiedesten Gründen
nicht mehr bei ihren Eltern leben können, oft sind die Eltern
Drogenabhängig. Die letzte Kategorie sind Jungs, die
Verhaltensauffällig sind. Ich bin mal gespannt, wer wo dazu gehört
und wie gut ich mit ihnen klarkomme. Ich habe aber grade bei unserem
Direktor ein echt gutes Gefühl. Natürlich weiß ich jetzt schon,
dass es Probleme geben wird. Spätestens, wenn ich das erste Mal
mitbekomme, wie einer der Jungs geschlagen wird. Nichts, hinter dem
ich stehe, aber es gibt kaum ein Projekt, in dem das nicht so ist.
Damit setze ich mich aber genauer auseinander, wenn ich es wirklich
tun muss, vorher habe ich keine Energie dazu. Und dann werdet ihr
darüber bestimmt auch informiert. Andererseits meinte unser Direktor
auch, dass wir zu ihm kommen können und z.B. auch nochmal über die
Arbeitszeiten reden könnten.
Erstmal fangen wir aber entspannt an, 5
Tage die Woche nur tagsüber. Heißt hab 10.30, weil die Jungs vorher
alle in der Schule oder bei ihrer Ausbildung sind und dann bis ca.
17.00Uhr. Erst nach einem Monat Eingewöhnung, wenn die Jungs uns
kennengelernt haben und andersrum, fangen wir mit unseren 24h
Schichten an. Dann arbeiten wir von 8.00Uhr bis 8.00Uhr am nächsten
Tag. Wenn wir dann am vierten Tag wiederkommen, geht es wieder von
vorne los. Ihr werdet aber natürlich auf dem Laufenden gehalten!
Nachmittags konnten Alina und ich
unsere Kleider abholen! Wir waren super aufgeregt und sind beide mega
zufrieden. :) Dann kam der Ewe-Kurs, den wir leider erstmal aus
organisatorischen Gründen aussetzen müssen und schon waren wir
wieder Zuhause. Was den Tag bzw. Abend noch nicht beendet hat. Alina,
Anicet, Chryst und ich – ich habe beschlossen Namen zu benutzen,
weil die Jungs es verdient haben erwähnt zu werden und nicht
namenslos sind – waren beim Goethe-Institut und haben ein
Theaterstück zum Thema Geflüchtete gesehen. So naiv es auch ist,
war es total interssant mal die 'andere' Seite zu dem Thema zu sehen.
Danach drehte sich unser Gespräch auch um das Thema und die Jungs
meinten, dass eigentlich alle gehen wollen und der Traum im Tod
endet, zumindest für die meisten. Auch wenn mir das irgendwie klar
war, war mir nie bewusst, wie real die Gefahr doch ist. Und es sind
nicht nur die kenternden Boote im Mittelmeer.
Wir sind noch in eine kleine Bar
gegangen und hatten ein echt tolles Gespräch über Vorurteile,
Gründe für ein Auslandsjahr, Entscheidungsfreiheit, wiedereinmal
Freundschaft und Privilegien, die man hat, wenn man z.B. in
Deutschland aufgewachsen ist. Und über die Zukunft. Wobei wieder
auffällt, wie viele doch an Kinder denken und für sie etwas ändern
wollen. Damit werde ich mich definitiv nochmal genauer
auseinandersetzen. Einfach, weil es mich so unglaublich beeindruckt.
Um den Abend abzurunden und die Ernsthaftigkeit ein bisschen in den
Hintergrund zu rücken, sind Alina und ich erstmal schaukeln
gegangen, was die Jungs super lustig fanden.
Ich kam natürlich wiedereinmal viel zu spät auf die Idee ein Bild zu machen, weswegen es so dunkel ist. Aber so sah der 'Garten der Residenz' aus, als wir am Montag da waren. |
Sind das etwas Fußballtickets? |
Auf dem Weg zu Sicherheitskontrolle, die vor der Treppe war. Keine zwei Minuten später war sie kurzzeitig ausgesetzt - oder so |
Das Stadion - und ja, es war ziemlich leer, aber trotzdem laut. |
Eine der Animationsgruppen war direkt unter uns! Vielleicht war es deswegen so laut? |
Beim Theater. Und ja, ich habe das Bild erst gemacht, als das Stück schon vorbei war und die Schauspieler sich verbeugt haben. |
Verunsichernster-Moment der Woche:
Soldaten mit Schlagstöckern, die einen ernst angucken und Tickets abreißen. Und dann kamen wir durch, ohne Probleme und mit uns auch alle anderen.
Feierbarster-Moment der Woche: Das Tor
fällt, ein Stadion dreht durch. Jubelschreie, aufspringende Menschen
und Vuvuzelas, die nicht leise werden. Animationsgruppen, die nochmal
einen oben drauf setzen und noch mehr Party machen. Spieler, die sich
zusammenfinden und im Kreis tanzen, um dann geschlossen wieder in die
eigene Hälfte zu gehen. Und wir mittendrinnen.
Freiheitsgefühl der Woche: Barfuß
über den Rasen, barfuß auf die Tanzfläche und barfuß an den
Strand wollend.
Kindheits-Moment der Woche: SCHAUKELN!
Wann habe ich das bitte zum letzten Mal gemacht? Ok, wahrscheinlich
ist es gar nicht so lange her, aber nachts, nach einem unglaublich
intensiven Gespräch in die Luft zu fliegen und mein Gefühl der
Freiheit zu haben, war ein mehr als schöner Abschluss für einen
intensiven Abend. Danach habe ich mit Alina um die Wette gelacht, was haben wir schöne Kindheitserinnerungen!
Liebste Grüße
einer-eine-immer-intensivere-Zeit-erlebenden,
Mara <3
P.S.: Die Jungs haben unseren
nächtlichen Ausflug zum Strand verhindert, es ist viel zu
gefährlich. Also ein Jahr ohne nächtliche Strandbesuche, obwohl wir
direkt dran sind. Safety first!
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